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Interview: Novellierung des Mutterschutzgesetzes

Fragen an Dr. Ulrich Stockter, Leiter des Referats 213 – Familienrecht, Mutterschutz und Elternzeit, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Warum war die Novellierung des Mutterschutzgesetzes erforderlich; welche Ziele hat das neue Gesetz?

Mit der Reform des Mutterschutzrechts werden neuere gesundheitswissenschaftliche Erkenntnisse umgesetzt und gesellschaftliche Entwicklungen beim Mutterschutz berücksichtigt. Dadurch wird der Diskriminierung schwangerer und stillender Frauen entscheidend entgegengewirkt. Bestehende Arbeitszeit- und Arbeitsschutzbestimmungen werden berücksichtigt und die besondere Situation schwangerer und stillender Frauen ins Zentrum gerückt.

Insgesamt sollen die Mutterschutzregelungen übersichtlicher, einheitlicher und berufsgruppenübergreifend gelten. Der neue Ausschuss für Mutterschutz soll zu ihrer praxisgerechten Umsetzung beitragen.

Welche wesentlichen Neuerungen bringt das neue Gesetz?

Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts traten zum 30. Mai 2017 im Wesentlichen folgende Änderungen in Kraft:

  • Die Schutzfrist nach der Geburt eines Kindes mit Behinderung wurde von acht auf zwölf Wochen verlängert, weil die Geburt in vielen dieser Fälle für die Mutter mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden ist.
  • Es wurde ein Kündigungsschutz für Frauen nach einer nach der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgten Fehlgeburt neu eingeführt. 

Die Neuregelungen zum 1. Januar 2018 sehen im Wesentlichen vor:

  • Schülerinnen und Studentinnen werden dann in den Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) einbezogen, wenn die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder die Schülerinnen und Studentinnen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung ein verpflichtend vorgegebenes Praktikum ableisten.
  • In den Anwendungsbereich fallen auch ausdrücklich die nach geltendem EU-Recht arbeitnehmerähnlichen Personen.
  • Für Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen gilt das gleiche Mutterschutzniveau, wie es auch für andere Beschäftigte nach dem Mutterschutzgesetz gilt. Der Mutterschutz wird für diese Sonderstatusgruppen jedoch wie bisher in gesonderten Verordnungen geregelt. Das Gesetz stellt zudem klar, dass entsprechend unionsrechtlichen Vorgaben auch für diese Personengruppen eine angemessene Kontrolle und Überwachung durch besondere Behörden sicherzustellen ist und daher eine „Eigenüberwachung“ durch die dienstvorgesetzte Stelle nicht ausreichend ist.
  • Die Regelungen zum Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit werden branchenunabhängig gefasst. Die Regelungen zum Verbot der Mehrarbeit werden um eine besondere Regelung zur höchstzulässigen Mehrarbeit in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen ergänzt.
  • Für die Arbeit nach 20 Uhr bis 22 Uhr wurde ein behördliches Genehmigungsverfahren eingeführt. Zudem muss die Frau sich ausdrücklich bereit erklären, nach 20 Uhr zu arbeiten. Während die Behörde den vollständigen Antrag prüft, kann der Arbeitgeber die Frau grundsätzlich weiterbeschäftigen. Lehnt die Behörde den Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt er als genehmigt.
  • Durch die Integration der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) in das Mutterschutzgesetz werden die Regelungen für Beschäftigte und Arbeitgeber sowie für die Aufsichtsbehörden klarer und verständlicher.
  • Betriebe und Behörden werden durch die Einrichtung eines Ausschusses für Mutterschutz in Umsetzungsfragen beraten und begleitet. 

Wie geht es nun weiter? 

Mit der gesetzlichen Neuregelung ist nur der erste Schritt getan. Wir wollen den Impuls durch die Gesetzänderung nutzen und die Sensibilität für die Ziele des Mutterschutzes bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, aber auch bei allen anderen beteiligten Personengruppen – etwa Frauenärztinnen und -ärzten, oder Betriebsräten – weiter erhöhen. 

Ausschuss für Mutterschutz – welche Aufgaben hat er?

Zu den gesetzlichen Aufgaben des Ausschusses für Mutterschutz gehört es, 

  1. Art, Ausmaß und Dauer der möglichen unverantwortbaren Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ermitteln und zu begründen,
  2. sicherheitstechnische, arbeitsmedizinische und arbeitshygienische Regeln zum Schutz der schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes aufzustellen und
  3. das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in allen mutterschutzbezogenen Fragen zu beraten.

Der Ausschuss für Mutterschutz praxisgerechte Handreichungen erstellen und dazu beitragen, dass alle maßgeblichen Beteiligten für die Belange des Mutterschutzes sensibilisiert werden.

Jetzt kommt es auf die Umsetzung an – kommen schon Fragen aus der Praxis, und, falls ja, welche? 

Der Mutterschutz muss verständlich gemacht werden, es sollten möglichst praxisgerechte Hinweise für die Arbeitgeber und schwangere und stillende Frauen verfügbar sein. Es kommen viele Fragen aus der Praxis. Sie sollen die Grundlage für praxisgerechte Handreichungen sein.

(Fragen: Barbara Reuhl, Referentin für Arbeitsschutz und Gesundheitspolitik bei der Arbeitnehmerkammer)