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Renteneintritt

Erwerbstätigkeit und Ruhestand werden im deutschen Sozialversicherungssystem traditionell als zwei klar getrennte Lebensphasen verstanden. In den vergangenen Jahrzehnten folgte auf Optionen zum frühzeitigen Erwerbsaustritt eine Anhebung der Altersgrenzen, um wiederum eine stärkere Erwerbsbeteiligung älterer Personen zu erreichen.

Zuletzt rückte eine "Aufweichung" in den Fokus der Debatte – es soll einfacher und verbreiteter sein, Arbeit und Rente zu kombinieren. Auch wenn dies im Einzelfall eine hilfreiche Option für den "Altersübergang" sein kann, dürfen die Risiken hinsichtlich der sozialen Sicherung doch nicht unberücksichtigt bleiben.

Nachdem die "Bismarck‘sche“ Rentenversicherung zunächst noch eine – für viele Personen kaum erreichbare – Regelaltersgrenze von 70 Jahren vorgesehen hatte, lag das allgemeine Rentenalter in den vergangenen hundert Jahren bei 65 Jahren. Diese Ruhestandsgrenze wurde mit einer Reihe zusätzlicher Rentenformen und mit Vorruhestands- und Altersteilzeitregelungen faktisch deutlich abgesenkt. In der Folge lag das durchschnittliche Eintrittsalter in eine Altersrente im Jahr 1980 bei lediglich 62 Jahren, und zur Jahrtausendwende waren in Deutschland nur etwa 40 Prozent der Personen ab 55 Jahren noch erwerbstätig.

In den vergangenen Jahrzehnten hat es allerdings erhebliche Veränderungen gegeben. Um eine stärkere Erwerbsbeteiligung älterer Personen zu erreichen, folgten auf die Optionen zum frühzeitigen Erwerbsaustritt eine Anhebung der Regelaltersgrenzen. Ein vorzeitiger Erwerbsausstieg wurde wieder deutlich erschwert. Die aus beschäftigungspolitischen Gründen geschaffene Vorruhestandsförderung etwa wurde nach kurzer Zeit wieder abgeschafft. Ab 1989 ersetzte man sie durch öffentliche Zuschüsse bei Altersteilzeit, die ihrerseits für bis Ende 2009 begonnene Modelle gezahlt wurden.

Auch die Option, sich als Arbeitsloser mit 58 Jahren von der Arbeitsvermittlung abzumelden und die Zeit zwischen frühem Erwerbsausstieg und Rente mit dem langjährigen Bezug von Arbeitslosengeld und ebenso lohnbezogener (zwischenzeitlich abgeschaffter) Arbeitslosenhilfe zu überbrücken, fiel weg.

Frühzeitiger Bezug lange erschwert

Viele Jahre lang hat der Gesetzgeber es außerdem schwieriger gemacht, Altersrenten vorzeitig zu beziehen. Seit 1997 wurden die Altersgrenzen für die einzelnen Rentenformen schrittweise erhöht, und seit 2012 gilt dies auch für die Regelaltersrente. Nach Abschluss des Übergangszeitraums im Jahr 2031 können Altersrenten in voller Höhe erst ab 67 bezogen werden. Ausnahmen wird es nur für Schwerbehinderte und besonders langjährig Versicherte geben.

Darüber hinaus wurden mit der "Rentenreform 1992" permanente Abschläge in Höhe von 0,3 Prozent pro Monat des vorzeitigen Bezugs eingeführt. Eine vorab bezogene Rente kann so zukünftig um bis zu 14,4 Prozent reduziert werden. Diese Abschläge sind bei einer freiwilligen Entscheidung angesichts der dadurch steigenden Gesamtkosten durchaus gerechtfertigt. Entsprechend erfolgt auch eine dauerhafte "Belohnung" für verschobene Renteneintritte (+0,5 Prozent pro Monat).

Häufig wird eine vorgezogene Rente aber gerade nicht frei gewählt, sondern aufgrund der schlechten Beschäftigungsperspektiven notwendig. Die Entscheidung der großen Koalition, die abschlagsfreie "Rente ab 65" nach 45 Jahren übergangsweise bereits ab 63 zu zahlen, war insofern zu begrüßen.

Gesetzgeber muss nachbessern

In den vergangenen Jahren wurde zunehmend die Idee eines gleitenden Austritts aus dem Arbeitsleben diskutiert, der mit der flexiblen Kombination von Erwerbsarbeit und Rentenbezug ermöglicht werden soll. Dazu wurde bereits vor Jahrzehnten das Instrument der Teilrente geschaffen. Dieses war allerdings ursprünglich sehr schematisch ausgerichtet, schuf Unsicherheiten und wurde in der Folge kaum genutzt. In mehreren Schritten seit 2017 wurden die Regeln so weit flexibilisiert, dass es bei vorzeitigen Altersrenten nun gar keine Hinzuverdienstbeschränkungen mehr gibt. Eine Kombination aus Frührente und Erwerbstätigkeit sollte aber nicht leichtfertig gewählt werden, sondern erst nach sorgfältiger Information und Planung: Kann die Arbeit doch nicht mehr ausgeübt werden - zum Beispiel wegen Krankheit oder Wegfall der Stelle - ist die soziale Sicherung in der Regel unzureichend. Hier muss der Gesetzgeber dringend nachbessern! 

Die Arbeitnehmerkammer wird sich weiterhin dafür einsetzen, die Arbeitsmarktsituation älterer Erwerbspersonen nachhaltig zu verbessern, damit "erzwungene" frühere Renten vermieden und ausreichende Anwartschaften aufgebaut werden können. Gleichzeitig müssen Altersübergänge sozial gestaltet werden, sodass ältere Erwerbstätige und Rentner nicht auf geringe Versicherungsleistungen oder sogar auf die Fürsorgesysteme angewiesen sind. Neben mehr Prävention und Weiterbildung sind dafür vor allem mehr Freiheiten bei der Arbeitszeitgestaltung und wirksame Unterstützung bei "Berufsminderung" erforderlich: Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr umfassend im bisherigen Beruf tätig sein kann, sollte einen angemessenen finanziellen Ausgleich durch die Sozialversicherung erhalten, der nach Möglichkeit gute Weiterarbeit bis zur verdienten Rente erlaubt.

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Dr. Magnus Brosig
Referent für Sozialversicherungs- und Steuerpolitik

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  • Altersübergang: Für gute Wege in die Rente

    KammerPosition 2/2020, (erschienen im November 2020)

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