Der Holzblasinstrumentenmacher

Galerie der Arbeitswelt

Virtuose Handwerker mit Fingerspitzengefühl

Dafür, dass es bei Holzblasinstrumente Richard ­Müller im Steintor um Musik geht, ist es ziemlich leise. Der Bunsenbrenner zischt vor sich hin und ab und zu schellt die Türglocke: Kundschaft.

Als Gitarre spielender Sohn einer musikbegeisterten Familie schätzt Meister Norbert Schmanke (55) seine Fähigkeiten eher zurückhaltend ein: „Zum Berufsmusiker hat es nicht gereicht – da habe ich mich für die Kombination aus Hobby und Handwerk entschieden.“

Fünf Jahre lang baute er Fagotte in einer Fabrik in Nauheim. Doch weil ihm Kundenkontakt und das Bauen des Instruments vom Holzblock bis zum ersten Ton fehlen, zieht es ihn 1989 nach Bremen. Eicke Müller, die damalige Inhaberin der Werkstatt, war auf der Suche nach einem Gesellen, er war auf Arbeitssuche: Das passte. Seitdem baut er zusammen mit Chefin Madeleine Müller und dem Auszubildenden Timo Lemke in Handarbeit Klarinetten und Basset­thörner: „Sehr sehr nett ist das Bauen einer neuen Klarinette. Man beginnt mit einem schweren Klotz aus Grenadill-Holz und hat nach diversen kleinen Arbeitsschritten das Instrument.“ Es dauert bis zu einem Jahr, bis die fertige Klarinette abgeholt oder verschickt werden kann – deutschlandweit und sogar bis ins nahe Ausland.

In den vergangenen 27 Jahren habe er sich nicht einen Tag gelangweilt, nicht mal Routine komme auf: „Wir bauen nicht nur, wir reparieren auch: Fagotte, Oboen, Quer­flöten und Saxofone. Jedes Instrument, jeder Kunde ist anders und auch die Gründe für eine Reparatur variieren.“ Die Klarinette, deren Herz geradezu geschreddert war – der Besitzer hatte sich auf sie gesetzt – hat Norbert Schmanke wieder ganz bekommen. Die Delle im Saxofon, das trotz Messing-Corpus, aber wegen eines kleinen Schilfrohrblatts auf dem Mundstück zu den Holzblasinstrumenten zählt, beult er aus. Für Menschen, die wegen einer Erkrankung oder eines Unfalls Probleme mit ihren Fingern haben, konstruieren Schmanke und seine Kollegen Klappen mit orthopädischen Sondermechanismen. „Das ist etwas, das man in der Aus­bildung nicht lernt – man muss es sich draufschaffen. Das war bei mir schon so und ist bei bei unserem Azubi heute noch genauso.“

Müller und Schmanke wählen ihre Auszubildenden mit Sorgfalt aus: Das Praktikum zum Kennenlernen ist ein Muss. Einen speziellen Abschluss braucht ein zukünftiger Holzblas­instrumentenmacher nicht. In Mathe fit zu sein, ist von Vorteil – man sollte schon in der Lage sein, Volumina auszurechnen – und Kenntnisse rund um Schall und Töne können auch nicht schaden. Ebenso wenig wie Geduld, Ausdauer und eine ruhige Hand, etwa für das Bauen von kleinsten Fräsen oder Drechselaufsätzen oder den Umgang mit Spreng- und Löffelbohrer: „Wenn man da zappelt, fliegt einem der Bohrer schlimmstenfalls um die Ohren – oder man bohrt schief“, erklärt Schmanke, der sich seit 2004 Meister nennen darf.

Wer Instrumente bauen will, sollte idealerweise eines spielen. Meister Schmanke ist schnell von Gitarre auf ­Klarinette umgestiegen: „Ich kann allen Instrumenten, die wir bauen oder reparieren, einen Ton entlocken und wir benutzen Stimmgeräte zum Ausstimmen. Das Instrument aber, das ich baue, wollte ich auch spielen können. Man muss ja nicht virtuos sein.“ Zusammen mit Madeleine ­Müller an der Querflöte und Timo Lemke am Saxofon wird in der Werkstatt dann auch schon mal gejammt – mal mehr, mal weniger virtuos, aber immer schön laut.

Text: Anette Melerski
Foto: Kay Michalak

Der Holzblasinstrumentenmacher AKB003_IconInfo

Ausbildungsdauer:
Holzblasinstrumentenmacher durchlaufen eine dreijährige duale Ausbildung.

 

Berufsschule:
Bremer Auszubildende haben zweimal jährlich je sechs Wochen Blockunterricht an der Oscar-Walcker Schule in ­Ludwigsburg.

 

Werkstätten:
Von zwei Werkstätten im Land Bremen bildet eine aus. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks gibt es bundesweit 264 Werkstätten, 18 davon bieten Ausbildungsstellen an.